Und plötzlich weißt du: Es ist Zeit, etwas Neues zu beginnen
und dem Zauber des Anfangs zu vertrauen.

(Meister Eckhart, 1260-1327)

Leben ist Veränderung

Nun sind bereits drei Wochen seit unserem Umzug herum – alles hat wunderbar geklappt.

Die Entscheidung, Fehmarn zu verlassen, ist mir nicht besonders schwer gefallen. Es gab auch nicht eine winzige Sekunde lang irgendwelche Zweifel an der Richtigkeit meines neuen Weges.

Noch zu Beginn des vorigen Jahres hatte eine Kundin zu mir gesagt: „Leben ist Veränderung. Willst Du denn für immer auf Fehmarn bleiben?“ Die Antwort auf diese Frage war für mich sonnenklar – schließlich war es seit 40 Jahren mein Traum, ganz auf der Ostseeinsel Fehmarn zu leben. Und seit fast 9 Jahren habe ich diesen Traum gelebt.

Aus „heiterem Himmel“ (so sagt man, aber stimmt das?) kam das Gefühl, mich verändern zu wollen. Zum ersten Mal entdeckte ich das „Quartier an den Stadtmauern“ in meiner einstigen Traumstadt Bamberg bereits im Oktober des letzten Jahres. Ich hatte große Lust, wieder mehr in Bamberg zu leben, so wie früher, mit meinem Mann. Wir hatten uns vor 17 Jahren für Bamberg als Alterwohnsitz entschieden – wegen der unmittelbaren Nähe eines großen kulturellen Angebotes, wegen der Fülle des ärztlichen Angebotes in der Stadt und wegen der geringeren Distanz zu den Bergen – in drei Stunden waren wir in Seefeld, in gut sechs Stunden im geliebten Armentarola.

Fehmarn sollte unser Zweitwohnsitz bleiben. Bei mir aber blieb die ewige Sehnsucht nach der Ostseeinsel, und so fuhren wir oft und immer länger dorthin. Die Entfernung von gut 700 km machte mir damals nichts aus. Es wurde erst anstrengend, als mein Mann krank wurde, dann im Rollstuhl saß  und nicht mehr selbstständig ein- und aussteigen konnte. Im Frühjahr 2010 machte ich aus meinem Traum, ganz auf Fehmarn zu leben, ein Ziel, das ich bis zu meinem 64. Geburtstag erreicht haben wollte.

Aber das Leben spielte mal wieder anders, wir fanden eine gute Therapeutin für meinen Mann, kauften ein Haus mit Garten in Neujellingsdorf und zogen im September 2010 ganz nach Fehmarn. Im Juli 2011 kam dann Senta in unser Leben, denn mein Mann hatte sich sein Leben lang ein „Hündchen“ gewünscht, und diesen Traum wollte ich ihm gerne erfüllen. Denn ich hatte mir früher weder einen Hund, noch ein Haus mit Garten gewünscht.

Im Februar 2011 gründete ich meinen Verlag auf Fehmarn für „Bücher und Mee(h)r“ – es erschien eine Reihe von Büchern mit regionalem Bezug. Mein Kalender „Impressionen von der Sonneninsel Fehmarn“ ist inzwischen bereits achtmal erschienen und erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit.

War es Intuition im Hinblick auf die anstehende Veränderung? Jedenfalls erfolgte im Frühjahr 2018 die Umbenennung der Edition Forsbach in den „Verlag für Bücher mit Herz“, der inzwischen durch zwei Veröffentlichungen amerikanischer Autoren international geworden war. Im Frühjahr 2018 erschien dann noch das Buch meiner Mentorin Dr. Renée Moore in meinem Verlag und wirkte als starker Mutmacher.

In meinem Blogartikel Geburtstag – Vom Zauber des Neubeginns vom 22.5.2018 schrieb ich:

Weitermachen – das heißt auch neue Wege zu gehen, nicht stehen zu bleiben, und vor allem: immer wieder unbeirrt nach vorne zu sehen und dem Leben ins Gesicht zu lachen! Denn das Leben lacht tatsächlich zurück! Weil es uns liebt!

Ich veröffentlichte dann eine Neuausgabe meines Jubiläums-Buches unter dem neuen Titel „Vom Zauber des Neubeginns“ – denn das „Mee(h)r“ und der regionale Bezug waren ja jetzt ganz aus dem Verlag verschwunden.

Im Vorwort zur Neuausgabe schrieb ich:

Das Leben gibt uns immer die Zeichen zur Veränderung, nur fällt es oft schwer, das zu erkennen. Manch einer möchte sich auch nicht verändern und verharrt lieber in einer Lebenssituation, in der er nicht glücklich ist.
Wenn man eine neue Lebensstufe erreicht, heißt es Abschied zu nehmen von vertrauten Gewohnheiten, Dingen, Menschen und Orten. Das bereitet oft Schmerzen. Aber jeder Neubeginn ist auch eine Chance, gesund und glücklich zu werden.

Abschied nehmen

Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden …
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde

So heißt es in in dem Gedicht „Stufen“ von Hermann Hesse, das mich schon seit so vielen Jahren begleitet.

Den „Ruf des Lebens“ hörte ich sehr deutlich an dem Tag, als ich mein Buch „Traurig war ich schon lange – Weiterleben ohne Dich“ in den Händen hielt. In meinem Blogartikel „Bewegte Zeiten“ hatte ich berichtet, wie Senta an einem späten Sonntagabend eine lebensgefährliche Magendrehung hatte. Die nächtliche Fahrt nach Lübeck zur Tierklinik habe ich später als Wettlauf mit dem Tod empfunden – das hat wohl endgültig dazu geführt, von der Insel Fehmarn Abschied zu nehmen.

Abschied zu nehmen von unserem Haus mit dem wunderschönen Garten, den tollen Rosensträuchern und den Apfelbäumen, die ich selbst gepflanzt hatte. Das war mir schon lange eher eine Last als ein Vergnügen gewesen. Denn eigentlich hatte ich mir nie ein Haus mit Garten gewünscht. Die Vorstellung, in einer komfortablen Neubauwohnung mitten in der Stadt Bamberg zu leben, erschien mir sehr verlockend. Inzwischen habe ich mein Haus verkauft, wir sind am 24. Juli nach Bamberg umgezogen – in eine schöne große Neubauwohnung im Quartier an den Stadtmauern.

Der Garten hatte einst den Ausschlag gegeben, dass Senta in unser Leben kam. So habe ich lange gedacht, der Garten sei gut für Senta. Ich bin dem Mensch-Hunde-Therapeuten José Arce sehr dankbar, dass er immer wieder gesagt hat, es sei besser für einen Hund, mit seinem Menschen in einer Wohnung zu leben als die Tage alleine im Garten zu verbringen. Noch vor unserem Umzug besuchte ich ein Seminar mit José Arce, in dem ich lernte, dass der gemeinsame Spaziergang das beste Mittel ist, um die Beziehung zwischen Mensch und Hund zu festigen. Und José Arce sagte mir auch, es werde überhaupt keine Schwierigkeiten geben, wenn wir nach Bamberg umziehen.

Viele Freunde machten sich Sorgen, ob Senta ihren Garten oder den Strand vermissen würde – hier in Bamberg hat sie einen wundervollen großen Garten, den Rosengarten an der Neuen Residenz. Außerdem machen wir jeden Tag lange Spaziergänge im Bamberger Hain, einem ausgedehnten Waldgebiet, das von den Armen der Regnitz durchquert wird. Und Senta hat immer wieder Lust, dort zu baden!

Loslassen

Das Abschiednehmen vom Haus, vom Dorf und von der Insel fiel mir nicht besonders schwer – ich hatte in den letzten Wochen vieles losgelassen, entsorgt, verschenkt … Bücher, Möbel, Kleidung, Gegenstände, Fotos, CDs, ja sogar zum ersten Mal im Leben einige Fotoalben. In diesen letzten Wochen auf Fehmarn wurde mir bewusst, was mir wirklich wichtig ist in meinem Leben – und was im neuen Lebensabschnitt (wieder) wichtig sein würde. Haus und Garten aber, so ist meine Überzeugung, sind ohnehin nur eine „Leihgabe des Lebens“, die ich jetzt gerne an die Käufer des Hauses weitergegeben habe.

Schon tagelang vorher hatte ich das Lied „Time to say goodbye“ im Auto gehört. Wie viele anders Songs in den letzten Jahren beeinflusste mich diese Musik dann auch, den Abschied als etwas Schönes zu empfinden. Mit den netten Umzugsleuten aus Bamberg feierten wir den letzten Abend auf der Terrasse und genossen einen herrlichen Sonnenuntergang als Ausklang eines traumhaften Sommertages – einer der Männer sprach vom „Haus im Glück“. Ein anderer war bereits neun Jahre zuvor bei der Einzugsparty während eines Orkans dabeigewesen. Irgendwie war wohl immer etwas Besonderes los bei unseren Umzügen.

Noch etwas zum Thema Loslassen, jemand sagte zu mir: „Oh, jetzt lässt Du einfach Deinen Mann alleine zurück!“ Ich aber antwortete, dass mein Mann bereits seit über fünf Jahren verstorben sei – aber immer in meinem Herzen dabei ist, wo wir auch sind. Und er wird sich freuen, wenn wir wieder in seinem geliebten Bamberg leben.

Ankommen – Neubeginn

Ich fühle mich ausgesprochen wohl in Bamberg – es war wie ein Nach-Hause-Kommen. Sogar der Briefträger gab sich neulich zu erkennen, er kannte mich noch aus der Franz-Ludwig-Straße. Da ich viele Menschen noch aus unserer früheren Bamberger Zeit kenne, fiel mir die Fülle der Aktivitäten, die beim Umzug notwendig sind, nicht besonders schwer. Nur einen Hundefriseur zu finden war eine Herausforderung – denn es ist auch Urlaubszeit in Bamberg, und so müssen wir auf manches ein wenig länger warten.

Aber dieser imperfekte Zustand in der Wohnung macht die erste Zeit hier sehr liebenswert: Es gibt noch keine Gardinen, die Badausstattung fehlt noch, die Bilder sind noch nicht aufgehängt und auch einige Beleuchtungen fehlen noch. Immer, wenn wieder etwas Vertrautes an seine neue Stelle kommt, freue ich mich. Und es ist so schön und macht mir viel Freude, manches ganz neu zu planen und zu organisieren – auch was meine Arbeit als Mentorin und Verlegerin angeht.

Ein ganz besonderer Moment ist dann das Aufstellen des Flügels und – wie bei jedem Umzug – wenn ich zum ersten Mal Schuberts Impromptu As-Dur op. 142,2 in der neuen Wohnung spiele.

Auch Senta fühlt sich offenbar sehr wohl, sie liebt es, mit mir durch Bambergs Straßen und Gassen zu laufen – denn überall ist viel Grün und viel Wasser. Am liebsten gehen wir natürlich in den Hain, das herrliche Waldgebiet direkt an der Stadt, wo sie dann auch in der Regnitz baden kann. aber wir entdecken auch immer wieder Neues, so wie gestern, als wir am Ufer des Main-Donau-Kanals „italienisches Flair“ erlebten.

Das Leben feiern

Am Ende der letzten Woche habe ich endlich die Flasche Champagner geöffnet, die mir die Käufer meines Hauses geschenkt hatten. Ich habe tagelang gewartet auf alles Mögliche, viele Anrufe erhalten und dann habe ich mir gesagt, ich rufe jetzt nirgendwo mehr an – es reicht mir für diese Woche. Doch dann rief die Reinigungsfirma an und meine schöne neue Wohnung wurde endlich sauber. Der MediaMarkt rief an, und nun geht mein neuer Fernseher auch!

Am Abend haben wir es uns auf unserem schönen Balkon gemütlich gemacht und ich habe mich über die leise Musikkulisse gefreut, die vom Bamberger Blues und Jazz Festival herüber schallt, denn für einen Besuch reicht meine Energie heute nicht. Aber es ist schön, das Leben ringsum zu spüren und mitzufeiern.

 

Am nächsten Tag fuhr ich mit Senta nach Pommersfelden – hier war ich als Musikstudentin Anfang der 1970er Jahre (ob es 1973 oder 1974 war, weiß ich nicht mehr, das Fotoalbum gibt es auch nicht mehr, aber es ist egal). Damals war ich jedenfalls das erste Mal in Bamberg und habe mich daran erinnert, als mein Mann viele Jahre später zu mir sagte: Lass uns doch mal nach Bamberg fahren!

 

 

Am Sonntag wollten wir dann unseren neuen Lebensort so richtig genießen. Und dann – mitten im Hain – passierte wieder ein „kleines Wunder“ in Form einer wundersamen Begegnung. Schon viele solche kleinen „Wunder“ sind passiert, seit wir in Bamberg leben. Besondere Menschen, die uns unerwartet begegneten, Ereignisse und Fügungen, die bestätigten: „Alles ist gut“. Ich bin dafür sehr dankbar. Es ist so aufregend, überraschend und einfach wundervoll, diesen Zauber des Anfangs in vielen kleinen und großen Dingen zu erleben.

Ich las das Vorwort meines Buches „Vom Zauber des Neubeginns“ und beschloss, eine weitere Ergänzung zu schreiben. So entstand auch dieser Blogartikel. Das Buch „Vom Zauber des Neubeginns“ (2019) aber wird dann das erste sein, das ich am neuen Geschäftssitz unseres Verlages veröffentliche. Ich bin sehr stolz darauf, dass die Edition Forsbach als nunmehr bayerischer Verlag ihre „Pflichtstücke“ an die Bayerische Staatsbibliothek in München und an die Staatsbibliothek Bamberg liefern darf. Welche Ehre, in diesen großartigen Bibliotheken vertreten zu sein!

Ich freue mich schon auf die neuen Bücher, meine vier ersten Mentoring-Kunden hier im neuen Coachingraum und dann auf unseren nächsten Urlaub in Armentarola – und dann auf Weihnachten in der neuen Wohnung 💕💕💕 Und wieder gab es ein kleines Wunder, als mir meine neue „Blumenfrau“ sagte, wer mir den Weihnachtsbaum in die Wohnung bringen würde.

 

Bald fahren wir zum ersten Mal direkt von hier nach Armentarola – ich freue mich sehr, dass die Strapazen der langen Anreise nun vorbei sind. Und unser Auto hat bereits das neue Bamberger Kennzeichen, das rein symbolisch die Initialen meines Mannes enthält. So wie schon früher, denn BF steht in Bamberg nicht zur Verfügung für das Nummernschild.

Zum Schluss dieses Blogartikels zitiere ich meinen Lieblingssatz aus Hermann Hesses Gedicht „Stufen“:

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Und ganz zum Schluss möchte ich mich bei allen Freunden, allen bekannten und unbekannten Menschen bedanken, die uns so wunderbar begleitet haben in dieser Zeit des Neubeginns. Gerade die mentale Unterstützung – durch Zustimmung, Mit-Freuen, Ermutigung und mehr – hat mir in dieser bewegten Zeit sehr geholfen, wenn ab und an der Mut ein wenig nachließ. Aber auch die vielen konkreten guten Taten – angefangen vom Fehmaraner Abschieds-Korb und dem Kölsch meiner Nachbarn bis zu den ersten Blumen in der neuen Wohnung, die große Leistung des Umzugsteams und all die vielen kleinen und großen Dinge, die es mir leicht gemacht haben, mich hier einzuleben.

DANKE