Zeit wird Raum, aber die Liebe bleibt
Wunsch wird Traum, aber die Liebe bleibt
Wenn uns auch das Leben vieles nahm
Was ich von dir bekam das werde ich nie verlieren
Der Schmerz vergeht, aber die Liebe bleibt
Und gibt der Hoffnung einen Sinn
Was die Welt in goldene Bücher schreibt
Macht nicht wirklich reich, aber die Liebe bleibt

In Erinnerung an
Hans Christian
19.12.1937 – 10.02.2014

Ein Jahr ist es her, dass Du uns verlassen hast. Du hast Dich auf eine Reise begeben, bist dem Stern nachgefahren, der am frühen Morgen des 10. Februar hell vom Himmel strahlte. Der Winter hatte Pause gemacht, es war ein Tag voller Frühlingsahnung. Die Klinik stand direkt am Strand der Ostsee – so, wie wir es immer gerne gehabt hatten auf unseren Reisen. Am Abend sah ich ein hell beleuchtetes Schiff in der Dunkelheit am Südstrand – es lief in den Hafen ein, genau zu dem Zeitpunkt, als Du Deine endgültige Reise angetreten hattest.

Senta und ich haben ein trauriges und doch gleichzeitig auch glückliches Jahr erlebt. Viele Tränen sind geflossen, wir haben häufig Dein Grab besucht. Ich war fast jeden Tag dort, Senta kam nur an besonderen Tagen mit – heute werden wir wieder dorthin gehen. Ich weiß, dass ich Dich dort nicht finde, aber es ist ein Ort, um mit Dir zu sprechen und auch eine Quelle der Kraft. Manchmal spürte ich Deine Zustimmung und Unterstützung und ich ging gestärkt nach Hause. Ich bin sicher, dass es Dir dort, wo Du jetzt bist, besser geht als in der Zeit zuvor – und das macht mich glücklich.

Wir haben die Feste gefeiert, wie in all den Jahren zuvor – nur ohne Dich. Aber Du warst immer dabei, in unseren Gedanken und in der Erinnerung. Und manchmal bist Du auch bei uns zu Hause – an manchen Abenden legt sich Senta direkt vor Deinen Sessel, das ist überhaupt ihr „geheiligter“ Platz. Dorthin geht sie, wenn sie etwas ganz Besonderes zum Abendessen bekommt, z.B. ein frisches Hähnchen. Und ich trinke jeden Abend ein Glas Sherry „auf diesen schönen Tag“ – genau wie wir es früher zusammen gemacht haben. Manchmal gehe ich nachts in den Garten und schaue nach dem hellsten Stern – ich stelle mir vor, dass Du uns von dort aus zusiehst. Nur in der Silvesternacht konnte ich keine Sterne sehen – das war traurig, denn ich hatte noch nie einen Jahreswechsel erlebt, ohne mit jemandem anzustoßen, den ich sehr lieb hatte.

Zuerst war ich traurig, weil Du all das Schöne nicht mehr miterleben konntest: wie unser „Hündchen“ erwachsen wird, wie mein Verlag wächst und Erfolge feiert, unser schönes Haus, den Garten, die Musik. Doch dann begann ich es zu genießen, und ich bin dankbar, dass ich all das Schöne durch Dich erfahren habe. Seit dem Himmelfahrtstag weiß ich, dass Musik für mich „der Himmel“ ist, und ich bin sehr glücklich darüber. Irgendwann im Herbst begann ich mich zu freuen über unser schönes Haus, den wundervollen Flügel und den Garten, an dem ich nun schon einiges verändert habe.

Und Weihnachten begann für mich das intensive Gefühl, dass ich mein Leben nun alleine gestalten und genießen kann – ohne Dich, aber in der Erinnerung an schöne Zeiten. Ganz in der Gegenwart und voller Freude auf das, was kommt. Irgendwann hatte ich im Radio die Ballade „The unquiet grave“ gehört, gerade auf der Fahrt zum Friedhof. Ein junger Mann trauert um seine große Liebe, aber sie beklagt sich, dass sein Weinen sie in ihrer friedlichen Ruhe stört. Er möchte mit ihr im Tod zusammen sein, aber sie sagt ihm, er solle das Leben genießen. Das wollte ich zunächst nicht annehmen, aber im Laufe der Zeit wurde ich mir immer mehr bewusst, dass ich weiterleben will auf der Grundlage unserer großen Liebe.

Nach Weihnachten ging ich nicht mehr jeden Tag zum Grab, und der Gedanke, dass wir uns einmal wiedersehen, hat sich auch ein wenig verändert. Ich glaube, dass der Tod zum Leben gehört, und dass wir die Menschen, die wir geliebt haben, einmal wiedersehen. Aber ich bin mir nicht sicher, ob das nicht auch im Leben sein kann. Lange Zeit habe ich geglaubt, dass meine Mutter in der Gestalt von Senta zu mir zurück gekommen ist. Und heute glaube ich auch, dass Du eines Tages wieder in meinem Leben erscheinen wirst, ich weiß nur nicht, in welcher Gestalt. Ich bin gespannt darauf.

Unsere große Liebe überdauert die Trauer über Deinen Tod – ich bin glücklich über das, was ich mit Dir gemeinsam erlebt habe. Und ich bin glücklich darüber, dass ich mein Leben positiv gestalten kann, ohne dauernd zu jammern und zu klagen, dass Du nicht mehr da bist. Durch unser Zusammenleben habe ich Kraft und Liebe für mein weiteres Leben gewonnen.

Manche alten Freunde haben sich inzwischen aus meinem Leben verabschiedet, sie waren im Grunde schon nicht mehr unsere Freunde, als Du noch da warst. Ganz wenige alte Freunde aber standen immer zu uns, früher und auch heute. Dafür bin ich dankbar. Einige Freunde und Verwandte sind inzwischen auch gestorben, vielleicht trefft Ihr Euch dort, wo Du jetzt bist: Wolfgang, Hanjo, Frieder, Robert, Helga. Schön ist es für mich, dass ich neue Freunde gefunden habe, auch wenn einige schon bald wieder verschwunden sind. Das ist nicht schlimm, Freundschaft kann nur allmählich wachsen. Es ist wunderbar, dass der Spruch „der eine kommt, der andere geht“ sich immert wieder bewahrheitet.

Ich bin glücklich, dass ich dieses Jahr ohne Dich gut gelebt habe mit Senta, meiner treuen Begleiterin. Wir beide sind ein starkes Team geworden. Und wir wollen dieses Jahr zusammen verreisen, nach Armentarola und nach Seefeld. Dort oben in den Bergen treffen wir Dich ganz bestimmt, genauso wie hier zu Hause, wenn wir am nächsten Wochenende wieder den Kölner Karneval am Fernseher mitfeiern.

Zum Schluss soll noch einmal das schöne Lied von Nana Mouskouri erklingen, das ich zu Deinem 70. Geburtstag für Dich gesungen habe, und das bei Deiner Trauerfeier am Valentinstag in der Kirche gespielt wurde:

Aber die Liebe bleibt