Abschied vom Südstrand – als ich am Samstagabend dort wegfuhr, hatte ich eigentlich kaum Wehmut. Es war mein letztes Autorenseminar gewesen – seit 2011 habe ich 25 Autorenseminare durchgeführt und über 300 Menschen motiviert, ihr Buch zu schreiben. Viele Bücher sind entstanden, aber viele Ideen kursieren noch im Universum. Es war immer wieder schwierig, die Menschen zu bewegen, ein Seminar auf der Insel Fehmarn zu besuchen. Weite Anreise, teures Hotel, anstrengendes Seminar – manche wollten viel lieber ein Buch schreiben, um leicht damit Geld zu verdienen. Manche möchten mit dem Buchschreiben ihre Lebensprobleme lösen – das ist sicher ein guter Weg. Aber ein Autorenseminar bietet nicht den geeigneten Rahmen dafür. Das müsste dann schon ein individuelles Schreibcoaching sein. Ja, und wer ein Buch für sein Business schreiben möchte, kommt sowieso gleich zu mir und bucht ein individuelles Autoren-Mentoring.

Das Seminar war schön, und die Teilnehmer haben bestimmt davon profitiert. Wie immer war das Strandhotel Bene ein vortrefflicher Gastgeber, und auch unsere beiden Hunde haben sich wohl gefühlt. Beim „Come Together“ am Vorabend haben wir uns gegenseitig kennengelernt und einen sehr netten Abend miteinander verbracht. Der Aperitif, mit dem wir zu Beginn angestoßen haben, erfreute uns dann auch noch zum Abschluss des Seminars. Alle waren zufrieden und hatten neue Impulse für die weitere Arbeit an ihrem ersten Buch mitgenommen.

Als ich wegfuhr vom Strandhotel Bene, war es dunkel am Südstrand, so wie damals, als wir von unserer Ferienwohnung nach Neujellingsdorf umzogen. Abschied von der Strandallee – so hieß der Blogartikel, den ich am 25.11.2010 geschrieben hatte. Und mir fielen diese Passagen ein:

Gestern Abend stieg ich in der Stille und Dunkelheit vor dem Haus am Stranddistelweg ins Auto und fuhr los, am einsamen Yachthafen entlang, in dem nur noch wenige Schiffe darauf warteten, ins Winterquartier gebracht zu werden. An der Kurve am Binnensee blickte ich auf die Strandallee, die sich in der Dunkelheit, nur von einigen Laternen beleuchtet, dahin zog. Ich fuhr frohen Herzens weiter, um nach genau 14 Minuten vor unserem Haus anzukommen, wo Hans Christian schon sehnsüchtigt auf mich wartete. Dieser Abschied war nicht schwer, denn uns trennen genau 10 km und 14 Minuten Fahrtzeit von dem schönen Domizil, wo man auch im Winter so wunderbar aufs Meer schauen und den Himmel beobachten kann. Mir fielen die letzten Zeilen aus Hermann Hesses Gedicht „Stufen“ ein:

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde uns neuen Räumen jung entgegen senden. Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden … Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!

Ein paar Jahre später fuhr ich wieder vom Südstrand weg, an dem Tag, als mein Mann gestorben war und ich in unserer kleinen Strandwohnung die Heizung anstellte für unsere Freunde. Und kurz darauf habe ich die Wohnung dann verkauft, die jahrelang „unser kleines Paradies“ gewesen war. Nach der Schlüsselübergabe war ich am hellen Nachmittag dort weggefahren – ohne große Wehmut, denn ich betrat nun eine neue Lebensstufe.

Seit zwei Jahren fahre ich gerne mit Senta, meiner Berner Sennenhündin, zum Südstrand – aber nur im Winter, wenn wir über den breiten Strand spazieren und den Sonnenuntergang beoachten können. Im letzten Sommer hatte ich am Hundestrand einen Strandkorb gemietet, aber gemerkt, dass ich dort nicht sein mochte, ebensowenig wie Senta, die lieber mit mir am Wasser entlang läuft. In diesem heißen Sommer waren wir nur selten am Südstrand, der Trubel gefiel uns nicht und wir gingen lieber in Fehmarnsund spazieren, wo ich mich gerne mal auf einen Stein setze. Oder wir sitzen gemeinsam im Sand und schauen aufs Meer hinaus. Wir lieben diesen einfachen Naturstrand, von dem aus wir auf die Fehmarnsundbrücke schauen und wundervolle Sonnenuntergänge erleben können. Dort haben wir schon Freunde gefunden, und freuen uns immer über schöne Begegnungen mit Menschen und Hunden.

An diesem Samstagabend nahm ich auch Abschied von dem schönen Haus am Strand, dem Restaurant, wo ich so viele glückliche Stunden verbracht hatte – auch mit meinen vielen Gästen hier auf Fehmarn. Es hat am 21. Oktober für immer geschlossen und war gestern ganz dunkel. Schon bei meinem ersten Urlaub hier auf Fehmarn im Oktober vor 41 Jahren war ich dort mit meiner Mutter zum Essen hingegangen, später dann mit meinem Mann, es wurde unser Stammlokal am Südstrand.

Alles hat seine Zeit – und meine Zeit am Südstrand scheint nun vorbei zu sein. Es war eine erfüllte Zeit von 41 Jahren – seit meinen ersten Ferien dort.

Nun bin ich wirklich zu Hause, ich habe meinen Heimathafen gefunden, wie man so schön sagt. In Neujellingsdorf, jenem winzigen Dorf auf der Sonneninsel Fehmarn, wo ich von der Terrasse aus das Meer sehen kann, das nur etwa 1000 m Luftlinie entfernt ist.

„Unser“ Strand ist der Strand von Fehmarnsund, gleich unterhalb der großen Brücke. Bei jeder Heimkehr von einer Reise fahren wir zuerst dorthin, wo ich auch in meinen allerersten Herbstferien auf Fehmarn schon mit meiner Mutter gewesen bin.

Alles hat seine Zeit – ich werde neue Angebote für angehende Buchautoren erfinden, vielleicht werden sogar irgendwann wieder spezielle Seminare im Strandhotel Bene stattfinden.

Aber erst einmal heißt es Abschied nehmen und mit Zuversicht in die nächste Lebensphase starten.

Denn: Alles hat seine Zeit.

Und in dem Lied „Hat alles seine Zeit“ von Rolf Zuckowski heißt es:

Lachend, weinend, freudetrunken, stumm vor Traurigkeit. Voller Kraft und ausgebrannt – hat alles seine Zeit.

Morgen, am 1. November, werde ich mit Senta zum Südstrand fahren und einen schönen Spaziergang machen. Vielleicht erleben wir dann einen solch schönen Sonnenuntergang, wie ich ihn auf dem Kalenderblatt für den November gezeigt habe.

Und ich denke wieder an die Worte von Hermann Hesse:

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde uns neuen Räumen jung entgegen senden. Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden … Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!